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Knows Magazin

Druck-Veredler Günter Thomas:
»Innovation und Geiz passen nicht in einen Kopf hinein.«

Das Corporate Publishing Magazin „KNOW!S“
traf Günter Thomas und sein Team im Trendhouse 42.

Das Corporate Publishing Magazin von Schaffrath Medien „KNOW!S“ traf Günter Thomas und sein Team im Trendhouse 42 in Gelsenkirchen.

KNOW!S Magazin: Sie haben eine Lehre in der Druckindustrie gemacht und als Drucker an der Maschine gestanden. Ab wann kam denn die Idee auf, mehr aus Papier und Druck zu machen?

Was wir damals gedruckt haben, war mir alles zu langweilig. Also diese Tätigkeit, Papier nur bunt zu machen. Ich hatte da 1967 ein wunderbares Erlebnis: Willy Brandt drückte auf den roten Knopf und die Tagesschau war bunt. Der erste bunte TV-Spot war 1964 der von 4711. Wie sich der Kreis schließt, ist 4711 heute, Dank der Familie Wirtz, einer meiner bedeutendsten Kunden. Aber die Tageszeitungen, die waren immer noch in der gleichen, dunklen und tristen Farbe. Da habe ich mir damals schon immer gedacht, warum gehen die nicht hinterher? Die einen verkaufen die Nachrichten bunt, die anderen verkaufen Nachrichten schwarz-weiß. Geht doch gar nicht. Da begann bei mir etwas im Kopf zu rappeln. Ich habe schon in jungen Jahren heimlich Testreihen gemacht. Mal ein wenig Nagellack genommen und über die Farbe gestrichen, um zu sehen, wie verändert sich diese.

Der Musiker Thomas: welche Stilrichtung? Rock´n Roll?
Ja sicher. Überall unterwegs.

Na ja, hätte auch Country sein können?
Na klar, ich möcht so gerne Dave Dudley hören… Nein immer Rock, immer hart an der Grenze, immer das, was der liebe Gott verboten hat und was schrill war. In einer Welt der Effekte leben.

Muss der Kreative Grenzen überschreiten?
Ja. Du musst immer alles auskitzeln. Was geht und was nicht geht. Wenn man das nach Plan und Wirtschaftlichkeitsberechnung macht, dann bist du wie die anderen auch. Dann werden Controller zu Helden des Kerngeschäfts.

Sind sie der kreative Kopf bei GT, der nur die großen Linien bestimmt oder setzen Sie sich auch mit Details auseinander?
Ich sehe Zusammenhänge. Ich kann nicht von einem Maschinenbauingenieur, der noch nie einen Bogen Papier in den Händen gehalten hat, verlangen, dass er mir Innovationen liefert, die hinterher auf Papier zu kreieren und abzubilden sind. Das ist der falsche Weg, das muss andersherum gehen. Ich setze die Anforderung an den Maschinenbauingenieur. Die meisten Drucker handeln so: jetzt wollen wir mal warten, was der Druckmaschinenbauer, Vorstufenhersteller oder andere wieder an Neuem herausbringen. Ich muss sagen, welchen Köder der Fisch haben muss. Und dementsprechend wird die Angel gebaut.

Ich brauche das als Mittel zum Zweck. Also muss ich den Input geben. Wenn wir heute hier im Trendhouse Produkte liegen haben, die es vorher noch nicht gegeben hat, dann liegt das an unserer experimentellen Arbeitsweise. In Zeiten, in denen es hier schon mal ruhig ist, fangen wir an zu spinnen und nutzen den Freiraum. Dann beschäftigen wir uns mit der Ganzheitlichkeit der Produkte und ihrer Darstellung auf Papier und Karton. Wie vermeide ich die Breaks zwischen dem Originalprodukt, seiner Verpackung und der Präsentation in der Anzeige oder im Magazin?

Ich habe keine Phantasie und komme zu Ihnen mit einem weißen Blatt Papier. Können sie helfen?
Ja. Meistens sage ich, lass mich eine Nacht darüber pennen und dann habe ich so eine gewisse Vorstellung, nehme mein Team dazu und dann geht es los.

Also erst die Analyse?
Ja. Ich muss mich mit dem Menschen und dem Produkt auseinandersetzen und mit seiner Zielgruppe. Das kann manchmal ganz banal sein und darauf gehen wir ein. Allerdings machen wir nicht eine Analyse mit Wahnsinns-Briefing mit allem Drum und Dran. Ich schaue mir die Welt an: Was passiert im Umfeld, was steht noch im Regal, wo steht unsere Kreation in Zukunft und wer ist die Zielgruppe? Und das bespreche ich mit dem Kunden und wie er darüber denkt. Denn ich muss ihn glücklich machen.
Dann geben wir alles rein, ohne – und das möchte ich immer betonen – im Vornherein zu wissen, wird sich das wirtschaftlich rechnen. Das muss sich hinterher ergeben. Es gab mal eine tolle Computerzeitschrift. Mit dem Verleger habe ich vereinbart, seine Auflage zu steigern. Am Jahresende, wenn es funktioniert hat, sollte er mir die Kosten von rund 100.000 Euro bezahlen. Die Auflage ging in die Höhe auf über 140.000 Stück. Das Cover war immer veredelt. Dann hatte er einen tollen Käufer für seinen Verlag gefunden. Die 100.000 Euro, die er mir bezahlt hat, hat er hundertmal wieder rausbekommen. Wir erzielten eine erhebliche Steigerung von 30.000 Heften innerhalb eines Jahres. Das heißt Aufmerksamkeit schaffen.

Wie setzt man in Zeiten des Controlling Kreativität um?
Für uns ist das ein sehr langwieriger Weg, den wir aber konsequent weitergehen wollen. Controller werden zu Helden des Kerngeschäfts. Das hat oft mit dem eigentlichen Produkt nichts mehr zu tun. Ich sehe das leider sehr oft, dass aus einer Parfumverpackung durch Controlling und Sparwahn eine Seifenverpackung wird. Dadurch findet keine Produktdifferenzierung mehr statt. Wir brauchen wieder mehr die Entscheider in diesen Prozessen. Die Entscheider, die ihr Produkt lieb haben. Die wissen, wenn man als Produkt oder Unternehmung die Nummer Eins sein möchte, dass man das Gedruckte nicht wie die Nummer Drei behandeln kann. Das ist für mich eine ganz wichtige Aussage. Daher brauchen wir den Entscheider, der das auch seinem Controller beibringt.

Also die Bauchentscheidung gehört dazu?
Also mir reichen keine Schmetterlinge im Bauch, ich brauche Flugzeuge. Wir haben aktuell einen klassischen Fall. Wir machen die Deckblätter eines Stahlkonzerns. Die sehen gedruckt so aus wie das Originalprodukt. Dort hat man sein Produkt wieder lieb und Erfolg. Gib der Lieblosigkeit keine Chance!

Gibt es Grenzen für die Kreativität, wenn ich etwas veredeln möchte?
Variationen sind möglich, aber wir haben uns bei GT auf die Fahne geschrieben, immer wieder Neues zu machen, weil uns dies am Leben erhält. Von uns wird viel abgekupfert, da müssen wir den alten Abstand immer wieder herstellen.

Hat Print Zukunft und wie sieht die aus?
Print hat zunächst eine wahnsinnige Aufgabe: Emotion, Illumination und Magie wieder neu zu verteilen und aufzubauen. Aber Print ist auch ein großes Bildungsinstrument. Denn wer in den Bildschirm schaut, nimmt oberflächlicher wahr. Du liest nicht so intensiv wie auf Papier.

Wäre es nicht für die Zukunft sinnvoll, Print wertiger zu machen?
Nehmen wir das Magazin „Landlust“ und seinen Erfolg. Die haben nicht nur einen guten Namen, sondern haben den informativen Nerv getroffen. Das haben die anderen alle verpennt. Die haben sich exzellent mit der Zielgruppe auseinandergesetzt und jetzt eine hohe Auflage, weil sie sich gefragt haben: Was wünscht sich der Kunde wirklich?

Womit kann ich ihn begeistern – ihr Thema der Veredelung?
Ja, wo erkennt er sich wieder? Außen wertig, innen günstig. So ganz einfach. Thomas zeigt eine aufwendig gestaltete Hundefutter-Verpackung. Diese Verpackung strahlt und wirkt sauber. Eigentlich müsste da Waschpulver drin sein. Das Waschpulver ist in einem Plastikbeutel, der ein wenig schmuddelig aussieht, der eigentlich Sauberkeit ausstrahlen müsste. Das Hundefutter, das strahlt.

Kann ich durch Veredelung meinen Umsatz und Auflage steigern?
Ja sicher. Ich zeige meinem Kunden: das bist Du mir wert, lieber Kunde. Ich biete Dir etwas Gutes an. Das ist eine Zeitschrift, die spricht. Die meisten machen den Fehler, sie veredeln ein oder zweimal und fangen dann an zu messen. Das geht nicht mit ein- oder zweimal, wenn ich vorher 20 Jahre lang abwärts gegangen bin. Dann ist man nicht nach ein oder zwei Würfen wieder oben.

Ist Veredelung nur etwas für Premiummarken oder für alle?
Nein, das geht mit allen Produkten. Ich gebe ein Signal von Wertigkeit und Wertschätzung ab und werde mit dem Kauf belohnt. Aber bitte keine Zwangsveredelung. Es muss nicht alles veredelt sein. Wir gehen da sehr dezent ran. Es kann auch zu viel des Guten sein – too much. Ich sage immer: Eine schöne Frau braucht maximal einen Klunker.

Sie machen alles, ob ich eine gedruckte Lederoptik haben will oder was immer mir einfällt?
Sie legen uns das Original hier hin und wir setzen Ihnen das in Szene. Da sitzen Kunden schon einmal drei Tage und Nächte bei uns, bis es haarscharf und exakt passt. Das sind tolle Lithoaufgaben, das sind Herausforderungen an den Druck, aber das macht Spaß. Das kostet natürlich auch, aber dafür bekommen die Kunden auch die entsprechende Qualität.

Sie unterstützen auch in der Litho, die bei Veredelung ja nicht 08/15 ist?
Ja. Wir haben Mitarbeiter in der Vorstufe, die finden sie nur mit der Lupe und die haben wir auch selbst ausgebildet. Die arbeiten mit ungeheurer Sensibilität an den Lithos für die Veredelungen. Das können sie nicht kaufen. Da müssen sie Spirit haben.

Das gesamte Interview lesen Sie hier: http://knows-magazin.de/683/


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